Rückblick: Unser City-Retreat mit Stephan Pende Wormland (Mai 2025)

Eine Zusammenfassung von Christian H.

Unser City-Retreat von 9.-11. Mai 2025 war mit über 60 Teilnehmenden kurz vor dem Termin dann restlos ausgebucht. Alle Gäste hatten gut Platz, aber mehr hätten dann nicht mehr reingepasst. Große Dankbarkeit für diesen gewaltigen Zuspruch!

Hauptthema bei diesem Retreat waren die drei Kayas, Karma und die sieben Chakren des tibetischen Buddhismus. 

Unser Lehrer Stephan Pende Wormland, ehemaliger buddhistischer Mönch und ausgebildeter Psychotherapeut aus Deutschland und Dänemark, begleitet unsere Meditationsgruppe „Buddhismus im Alltag“ nun schon seit vielen Jahren.

Stephan erläuterte den subtilen Energiekörper (Dharmakaya) und wie darin unsere Vergangenheit gespeichert ist. 

„The (subtile) Body Keeps the Score“ – der subtile Energiekörper bewahrt alle Eindrücke und Traumas auf. 

Wir leben und reagieren immer aus unserer Vergangenheit aus alten Mustern heraus, was wie ein Schleier unsere Gegenwart beeinflusst. 

Ein zentraler Gedanke war:  „Deine äußere Wirklichkeit ist immer eine Projektion deiner inneren Wirklichkeit.“

Wir arbeiteten mit Visualisierungen, Mantras und subtilen Atemtechniken, um Energie in den Chakren und inneren Kanälen zu erwecken und zu bewegen. Blockierte Bereiche wurden weicher, vergessene/nicht gespürte Bereiche im Körper kamen ins Bewusstsein.

Zwischendurch ließen wir aber auch immer wieder alle Techniken fallen und ruhten einfach im Formlosen. Einfach sein. Entspannen. Ruhen im stillen, weiten, unveränderlichen Grund des Geistes…

Eine wichtige Botschaft war: „Du als kleines Ich kannst nicht den Weg der Einheit finden, aber das große Ich kennt den Weg zu dir“ und:

„Du kennst nicht den Weg zu Gott, aber Gott kennt den Weg zu dir.“ 

„Auch wenn du nicht weißt, wo du im Wald bist – der Wald weiß immer, wo du bist. Denn du bist auch der Wald.“

“Das Beste, was das kleine Ich tun kann, ist, sich völlig zu entspannen und die Identifikation mit der “verkrusteten Ego-Struktur” etwas zu lösen.”

Wut als Meditationsobjekt

In einer besonderen Meditation arbeiteten wir mit Wut. Wir entfachten künstlich Wut und meditierten damit. Stephan erklärte, dass Wut immer auch einen Weisheitsaspekt hat: die Klarheit. Diese Hitzemeditation (Tummo) bedeutet übersetzt „fierce woman/machtvolle Frau“. Man soll der Wut Raum geben, sie spüren und umwandeln, ohne sie auszuagieren. Daraus entsteht Kraft und es können gute Lösungen hervorgehen.

Der „There are no Bad Parts“-Ansatz betont, dass alle inneren Aspekte willkommen sind. Nichts davon sind Feinde. Verschiedene Methoden im tibetischen Buddhismus, wie zum Beispiel das „Dämonen Füttern“, helfen, mit inneren Dämonen umzugehen und sie anzunehmen. Alle Muster können zu Verbündeten werden, zu „Stepping Stones“ auf dem Weg zur Erleuchtung. „Was ins Bewusstsein kommt, kann verändert werden, damit können wir arbeiten – alles was unbewusst bleibt, beherrscht uns.“

Stephan betonte: „Jede Praxis, die verurteilt oder Trennung schafft, ist keine wahre Praxis. Man ist auf dem falschen Weg bei einer Tradition, die trennt oder verurteilt. Der spirituelle Weg sollte sanft und entspannt erfolgen, aber nicht mit Gleichgültigkeit. Ziel ist mehr Gelassenheit, weniger zwanghafte Gedanken und weniger Angst vor der Zukunft.“

Die Chakren und ihre Bedeutung

Am Freitag begannen wir mit Meditationen zu den oberen Chakren:

Das Stirnchakra/dritte Auge (Ajna) nutzt das Mantra „OM“, hat die Farbe Indigo (oder weiß) und wandelt Zweifel und mentale Enge in Intuition um. Die Visualisierung ist ein dunkelblaues Lichtauge im Stirnraum.

Das Halschakra (Vishuddha) arbeitet mit dem Mantra „HAM“ oder “AH”, erscheint in hellblau (oder rot) und thematisiert Sprachlosigkeit und Zurückhaltung, die zu Wahrheit und Ausdruck transformiert werden. Visualisiert wird es als blaues Licht oder vibrierender Klang.

Das Herzchakra (Anahata, Sanskrit „das Unzerstörbare“) ist mit dem Mantra „YAM“ oder auch “HUNG” oder “HUM” verbunden, hat die Farbe Grün/Rosa (oder blau) und symbolisiert Trauer und Liebesmangel, die in Mitgefühl und Offenheit transformiert werden können. Die Visualisierung ist eine grüne Lotosblüte oder ein Lichtstrahl aus der Brust.

Am Samstag und Sonntag folgten die unteren Chakren:

Das Wurzelchakra (Muladhara) arbeitet mit dem Mantra „LAM“, der Farbe Rot und transformiert Angst und Unsicherheit in Urvertrauen. Es wird als roter Lotos mit Wurzeln in die Erde visualisiert.

Das Sakralchakra (Svadhisthana) nutzt das Mantra „VAM“, die Farbe Orange und wandelt Scham und Schuld in Sinnlichkeit um. Die Visualisierung ist eine orangefarbene Lichtkugel im Unterbauch.

Das Nabelchakra (Manipura) arbeitet mit dem Mantra „RAM“, der Farbe Gelb und transformiert Wut und Kontrolle in Kraft und Klarheit. Visualisiert wird es als gelbes Feuer oder Sonne im Bauchzentrum.

Das Kronenchakra (Sahasrara) nutzt das Mantra „OM“ oder Stille, die Farben Violett/Weiß und wandelt Getrenntsein und Sinnsuche in Einheit und Leere um. Die Visualisierung ist eine Lichtblume am Scheitel oder offene Weite.

Stephan betonte, dass die Chakren nur eine Landkarte sind, die Wirklichkeit wie ein Gleichnis darstellen. 

So wie die Arbeit mit Archetypen, Mythen oder anderen Dingen die uns dabei helfen, unsere innere Welt besser zu verstehen/zu reflektieren. 

Dabei ist aber immer wichtig das leicht zu halten und es als ein Gleichnis, beziehungsweise wie eine Landkarte zu verstehen. 

Es gibt aber durchaus in unserer Welt gute Landkarten und ungeeignete…

Alle Chakren sind gleich wichtig und sollten gleichwertig entwickelt werden.

Der subtile Energiekörper

Der tantrische Buddhismus beschreibt einen feinstofflichen Körper aus:

– Nadis (Kanälen): über 72.000 Energiepfade, zentral der Zentralkanal (Uma) sowie linker und rechter Kanal

– Lung (Winden): Atemkräfte, die Geist und Gefühl tragen

– Tigle (Tropfen): Essenzen spiritueller Kraft

Stephan erklärte den Zentralkanal (daumendick), der über den Kopf nach hinten verläuft, und die Seitenkanäle (kleinfingerdick), die bei den Chakren den Zentralkanal umschlingen und bei Blockaden abschnüren können. Die Lebensenergie – Prana (indisch) oder Chi (chinesisch) – fließt dorthin, wo unsere Aufmerksamkeit hingeht.

Karma und innere Transformation

Wir fragten uns:

– Welche Muster formen meine Erfahrung?

– Wo fließt Energie, und wo verschließt sie sich?

– Wie kann ich diesem Moment anders begegnen?

Karma war keine entfernte Lehre mehr. Es ist ein lebendiges Feld – eine Bewegung von Energie, Gedanken und Gewohnheiten – das gesehen, gehalten und transformiert werden kann.

Praktische Tipps für den Alltag

– Kakao wirkt direkt auf das Herzchakra (idealerweise von einem Kakao-Schamanen oder Bio-Kakao)

– Spielende Kinder oder Katzen beobachten öffnet das Herzchakra

– Ein „Tzeva-Detektiv“ werden = liebevolle Güte in anderen aufspüren – auf das Strahlen in Menschen achten

– Vergebung praktizieren, vor allem auch sich selbst gegenüber

– Eine regelmäßige tägliche Meditationspraxis ist sehr wichtig

– Rituale als Schutzräume pflegen (auch ganz kleine Dinge wie drei Verbeugungen am Morgen, Kerze anzünden)

– Verbindung mit etwas Göttlichem, etwas „Größerem“ kultivieren (z.B. weiße Tara, Schutzengel)

– Beziehungen zu unterstützenden Menschen pflegen

Atmosphäre und Organisation

Das Retreat bot wieder eine superangenehme Atmosphäre. Am Samstag schien die Sonne in die Halle herein, im Garten sangen alle drei Tage die Amseln. In den Pausen gab es Tee und Knabbergebäck, zum Mittagessen am Samstag und Sonntag Suppe für alle Teilnehmenden. Franz und Kerstin organisierten das Retreat, Christine kümmerte sich um die Anmeldungen. Viele brachten Kuchen und Gebäck mit oder beteiligten sich bei Küchenarbeiten.

Stephan zitierte Ken Wilber und empfahl auch ein YouTube-Interview mit Richard Gere und Lama Sopa Rinpoche.

Vielleicht ist das das Geschenk eines solchen Wochenendes: Nicht uns selbst zu entkommen, sondern der Wahrheit vollständiger zu begegnen. Den Körper als heiliges Gefäß zu bewohnen.

Die Aufrichtigkeit aller Teilnehmenden schuf ein kraftvolles Feld. Was wir berührt haben, möge weiterhin den Weg aller nähren – im Körper, im Atem, in der Stille – und möge es nach außen wirken, leise, natürlich und unverkennbar, zum Wohle aller Wesen.

Christian H.